„Gut qualifizierte Projektleiterinnen und Projektleiter sind ein Erfolgsfaktor.“
Damit die Kunden pünktlich und sicher an ihr Ziel kommen, braucht es eine zuverlässige Bahninfrastruktur. Die SBB investieren jedes Jahr einige Milliarden Franken in ihre Infrastruktur. Diese muss laufend unterhalten und erneuert werden. Dazu kommt der Ausbau der bestehenden Anlagen durch Neubauten oder Neubaustrecken. Zahlreiche Projektleitende sorgen mit ihren mehreren tausend Projekten dafür, dass die Realisierung der Bau- und Investitionsvorhaben optimal erfolgt.
Um die Qualität der Mitarbeitenden im Bereich des Projektmanagements zu verbessern, weiterzuentwickeln und dabei das interne Wissen einzubeziehen, wurde 2012 bei SBB Infrastruktur ein Mentoring Programm gestartet. Dieses wurde in der Startphase durch die Firma con.win (Consulting for winners, Bern) begleitet. Die Idee dahinter: Einer der direkt und unmittelbar wirkenden Schlüsselfaktoren zum Unternehmenserfolg sind qualifizierte Projektleitende.
Die Zertifizierungen nach IPMA (international project management association) sind für die SBB Infrastruktur ein anerkanntes Instrument einer nachhaltigen Personalentwicklung für ihre Projektleitenden. Es handelt sich dabei um das Darstellen und Zertifizieren des vorhandenen Managements von Projekten durch den Projektleitenden.
Mit dem Mentoring Programm wurden bereits IPMA-zertifizierte Projektleitende unterstützt, damit sie ihrerseits Kandidierende begleiten konnten («train the trainer»). Schrittweise wurden sie in einem iterativen Prozess zu Mentoren und in einem weiteren Schritt zu Professionell Mentoren ausgebildet, die nun die Kandidierenden selbständig unterstützen. In einem letzten Schritt werden Expert Mentoren ausgebildet, die nun wiederum die Mentoren ausbilden, begleiten und unterstützen.
Nach vier Jahren blicken die Verantwortlichen zurück und ziehen Bilanz. Sie kommen zum Schluss, dass das Mentoring Programm das Projektmanagement verbessert und weiterentwickelt hat. Eine gemeinsame Projektsprache entstand und die Vernetzung im Unternehmen wurde gestärkt. Das Mentoring Programm bewirkt zudem einen positiven Einfluss auf den Ruf als Arbeitgeber, stellen sie unisono fest.
Ab 2017 führt die SBB Infrastruktur das Mentoring Programm in eigener Regie weiter. Sie verfügt jetzt über das interne Wissen, um künftige Kandidierende für die IPMA-Zertifizierung mit eigenem Personal (Mentoren, Professionell Mentoren, Expert Mentoren) fit zu machen. Eine externe Begleitung ist nicht mehr vorgesehen. Immerhin treffen sich die Programm-Verantwortlichen einmal pro Jahr mit den Mentoren, Professionell Mentoren und Expert Mentoren zu einem Workshop, um zu prüfen, ob sie auf dem richtigen Weg sind, ob Anpassungen im Programm notwendig sind und um den gegenseitigen Austausch zu fördern.
Gespräch mit drei Beteiligten zu Bedeutung und Zukunft des Programms
Am Gespräch haben teilgenommen:
- Sabine Meyer: HR SBB Infrastruktur, Personalentwicklung; verantwortliche Programmleiterin für das IPMA-Mentoring Programm.
- Marc Reber: Leiter der Abteilung Entwicklung, Steuerung, Betrieb; hat sich 2010 zertifiziert auf dem IPMA-Level B; seither als Mentor, und nun Expert Mentor im Mentoring Programm.
- Gisela Hinrichs: SBB-Energie-Management, Programmleiterin für die Energieverrechnung und langjährige Projektleiterin; hat sich 2014 entschieden, die Zertifizierung nach IPMA Level B zu erlangen.
Welche Bedeutung hat das Projektmanagement für die SBB Infrastruktur?
Sabine Meyer: Die Schweiz verfügt über das am stärksten ausgelastete Schienennetz überhaupt. Die SBB transportieren täglich 10 000 Züge. Das sind 1,2 Millionen Passagiere und 210 000 Tonnen Güter pro Tag. Diese Leistung ist nur möglich, wenn die Infrastruktur mit all ihren Anlagen in einem guten Zustand ist. Das Schienennetz wird noch immer ausgebaut und stärker belastet. Um Spitzenleistungen erbringen und unsern Kunden gerecht werden zu können, wird das Netz laufend unterhalten und auch erweitert. Hierfür laufen bei uns jährlich rund 4 500 Bauprojekte. Das sind kleine Projekte aber auch Grossprojekte – wie etwa die Durchmesserlinie, die wir vor kurzem in Zürich in Betrieb genommen haben, oder «Léman 2030», mit dem in Lausanne ein zusätzliches Geleise gebaut wird.
Unser Geschäft bei SBB Infrastruktur ist mehrheitlich Projekt-Business. Deshalb hat das Projektmanagement einen sehr hohen Stellenwert. Im Jahr 2017 hat die SBB Infrastruktur ein Investitionsvolumen von 2,7 Milliarden Franken. Professionelles Projektmanagement ist deshalb zentral. Im Rahmen von Business Excellence haben wir begonnen, allen Projektleitenden von SBB Infrastruktur die IPMA-Zertifizierung zu ermöglichen. Damit können sie sich persönlich und auch fachlich weiterentwickeln und ihre Kompetenzen als Projektmanager zertifizieren lassen.
Wie ist das Interesse und wie kommt das Angebot bei den Mitarbeitenden an?
Sabine Meyer: Zu Beginn hatte das Programm den «touch», dass fast alle Projektleitende diese Zertifizierung durchlaufen mussten. Heute sind wir soweit, dass die IPMA-Zertifizierung eine von verschiedenen Weiterentwicklungsmöglichkeiten für Projektleitende ist. Das Interesse an der Zertifizierung wird weiter steigen, denn wir erwähnen die IPMA-Zertifizierung bereits in unseren Anforderungen. Je nach Komplexität der Stelle im Projektmanagement wird der entsprechende IPMA-Level explizit gefordert.
2012 wurde das «Mentoring Programm IPMA-Zertifizierung SBB Infrastruktur» initiiert und gestartet. Was waren und sind die Ziele, die Inhalte und das Vorgehen?
Sabine Meyer: Angesichts des grossen Investitionsvolumens der SBB sind gut qualifizierte Projektleitende ein unmittelbarer Erfolgsfaktor für unser Unternehmen. Wir verfügen generell über viele versierte Projektleitenden, von denen mittlerweile auch viele IPMA-zertifiziert sind. Deshalb haben die Verantwortlichen bei der Personalentwicklung 2012 entschieden, das im Unternehmen vorhandene Know-how zu nutzen und das Mentoring-Programm für die IPMA-Zertifizierung aufzubauen. Hier begleiten bereits zertifizierte Projektleitende, als Mentoren die Kolleginnen und Kollegen, die den Weg der IPMA-Zertifizierung einschlagen.
Damit kann das intern vorhandene Wissen sozusagen «in house» weitergegeben werden?
Sabine Meyer: Ja genau. Dabei werden junge wie auch ältere Projektleitende weiterentwickelt. IPMA ist keine Ausbildung, sondern eine Zertifizierung, eine Weiterentwicklung «on the job». Ein Projektleitendener muss bereits über mehrere Jahre Erfahrung im Projektmanagement verfügen, um sich auf der Basis eines Referenzprojekts die IPMA-Zertifizierung zu holen.
Wo sehen Sie den persönlichen Mehrwert des Mentoring Programms?
Gisela Hinrichs: Ich hatte bereits langjährige Projektleitungserfahrung als ich die Zertifizierung angegangen bin. Das allein reicht nicht unbedingt für eine erfolgreiche Zertifizierung. Hier kommt es darauf an, zu verstehen, was genau bei den einzelnen Zertifizierungsschritten von den Assessoren erwartet wird. Dies war für mich die eigentliche Herausforderung. Und genau dort setzt das Mentoring Programm an, nämlich diese Schritte etwas klarer, etwas transparenter zu machen – basierend auf den Erfahrungen der Mentoren. Die Durchführung eines solchen Programms innerhalb der SBB ist besonders effizient, weil Mentoren und Mentees den gleichen Background haben, nämlich die SBB Erfahrung.
Marc Reber: Für mich als Mentor hat das Programm verschiedene Bedeutungen. Persönlich ruft es mich auf, täglich fit zu bleiben im Thema und Neuerungen mitzunehmen. Das hilft mir im Alltag, gut durch die Projektwelt zu kommen. Durch meine Tätigkeit als Mentor lerne ich ganz verschiedene neue Leute aus allen Sparten der SBB-Infrastruktur kennen. Dadurch lerne ich neue Ideen und Methoden kennen. Das erweitert meinen Horizont und bringt mich weiter. Und ich kann etwas von meinem Wissen weitergeben, das ich während meiner langjährigen Tätigkeit bei den SBB aufbauen konnte. Mit meinen Erfahrungen helfe ich den Kandidierenden auf dem Weg zum Zertifikat – im Sinne des Coachings, des Begleitens. Schliesslich kann ich ihnen als Mentor auch Tipps und Tricks weitergeben, so dass die Zertifizierung gut verläuft.
Die Zertifizierung ist das eine, das Anwenden des Erlernten in der Praxis das andere. Das soll bei der Motivation helfen und ein Ansporn sein, ein Projekt noch besser zu managen. Von der Zertifizierung profitiere ich auch bei meiner Arbeit. Ich finde es eine grosszügige Geste des Unternehmens für meine persönliche Entwicklung. Jetzt kann ich dem Unternehmen als Mentor wieder etwas zurückgeben. Das ist insofern sinnvoll, als das Mentoring Programm nun in Zukunft «in house» weitergeführt wird und damit keine «Cash-out»-Kosten mehr generiert.
Wo liegt der Mehrwert für die SBB?
Marc Reber: Das Unternehmen kann die eigenen Projektleitenden einsetzen und muss das Spezialwissen nicht einkaufen. Ein Mehrwert für die SBB ist es auch, dass Mitarbeitende gemeinsam etwas entwickeln. Das öffnet den Blickwinkel – gegenseitig. Es vermittelt auch eine andere Sicht auf Projekte und kann mithelfen, diese besser über die Bühne zu bringen. Wir bauen damit auch Verständnis für den Partner in anderen Fachbereichen auf. So fördern wir das Netzwerk, die persönlichen Verbindungen und die Zusammenarbeit im Unternehmen per se. Das Programm fördert auch den Austausch und die gemeinsame Entwicklung.
Sabine Meyer: Ich denke, dass wir mit dem Programm auch eine gemeinsame Projektmanage-mentsprache entwickeln können. Die Kompetenzen aus der IPMA-Zertifizierung bilden die gemeinsame Basis. Wir sprechen vom Gleichen und wir wollen uns in den gleichen Themen weiterentwickeln. Der Mentor hilft hier dem Kandidierenden bei seiner Reflektion über seine tägliche Arbeit als Projektmanager.
Gisela Hinrichs: Grundsätzlich trägt das Mentoring Programm dazu bei, dass mehr Mitarbeitende die Zertifizierung anstreben. Es senkt sicher die Hemmschwelle für eine Zertifizierung. Die Zertifizierung wiederum unterstützt die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses. Damit entwickeln wir gemeinsame Vorstellungen darüber, was Projektmanagement umfasst, welche Kompetenzen – auch persönliche – dazu gehören, welche Ansprüche ein gutes Projektmanagement stellt. Ich verstehe es so, dass die Zertifizierung der von SBB Infrastruktur gewählte Weg ist, um das Projektmanagement stärker zu vereinheitlichen und die Qualität zu heben.
Sabine Meyer: Wir haben die Begleitung während der IPMA-Zertifizierung zu Beginn extern vergeben. Dabei hatten wir nur bedingt ein Gespür über welches Niveau unsere Projektleitenden im Projektmanagement verfügen. Erst mit dem Mentoring Programm haben wir jetzt einen Fuss im gesamten Prozess. Damit spüren wir auch, wo der Schuh drückt, was wir verbessern können, welche Bedürfnisse die Projektleitenden generell haben und welche Bildungsprodukte wir weiterentwickeln müssen.
Ein weiterer Aspekt ist die Entwicklung der Projektleitenden. Wir haben den Fachexperten, also den Projektleitenden, eine Art «Goodie» verabreichen können für ihre Weiterentwicklung. Ich spreche hier die Fachkarriere an. In der Weiterbildung haben wir verschiedene Angebote für eine Fachkarriere. Das Mentoring Programm haben wir speziell für die Projektleitenden konzipiert, damit sie sich im Sinne eines Job-Enrichments weiterentwickeln können, wenn sie sich zum Professional Mentor oder zum Expert Mentor weiterbilden. Insofern ist es eine Bereicherung in der Fachkarriere als Projektleitender.
Marc Reber: Last but not least hilft das Programm auch, unsere Vorhaben, unsere Projekte und unsere Programme professioneller und besser abzuwickeln. Das heisst nicht unbedingt, dass alle Projekte am Schluss erfolgreich sein müssen, sondern kann allenfalls auch einmal zu einem rechtzeitigen Stopp führen. Dies alles ist im Interesse des Unternehmens. Wir wollen das Unternehmen weiterbringen, die Qualität dorthin führen, wo und wie wir sie brauchen. Und die Investitionsgelder sinnvoll und wirkungsvoll einsetzen. Im Vordergrund steht dabei die Wirkung für den Kunden.
Sehen Sie auch Nachteile des Mentoring Programms? Beispielsweise die Sprachbarrieren?
Sabine Meyer: IPMA wird beispielsweise im Tessin generell anders geführt. Die schweizerische Zertifizierungsstelle (VZPM) bietet für die italienischsprachige Schweiz keine Zertifizierung an. Das läuft über die Zertifizierungsstelle in Mailand. Das IPMA-Mentoring Programm haben wir im ersten Schritt in der Deutschschweiz aufgebaut – nicht zuletzt, weil das Interesse, die Funktion eines Mentors zu übernehmen, in der Westschweiz sehr gering war.
Unsere Mentoren sind versierte Projektleitende, die im Tagesgeschäft in ihrem Fachbereich stark absorbiert sind. Viele erbringen die Leistungen als Mentor noch «en plus». Das stellt ein zusätzlicher Aufwand dar. Es zeigt jedoch auch das Engagement unserer Mentoren und unserer Projektleitenden.
Das ganze System ist auch fluktuationsabhängig. Wenn wir einen Mentor über zwei Jahre ausgebildet haben und er dann das Unternehmen verlässt, dann haben wir ein Verlustgeschäft. Allerdings hat nur eine geringe Anzahl von Mentoren das Unternehmen bisher verlassen. Für mich ist erfreulich zu sehen, dass bisher kein einziger Mentor, der noch im Unternehmen arbeitet, seine Mentor-Tätigkeit aufgegeben hat. Das spricht für das Programm.
Marc Reber: Das Programm ist natürlich gut aufgegleist. Das darf ich hier sagen. Wir Mentoren werden vom HR gut gestützt (in der Person von Sabine Meyer) und wir werden auch von con.win gut unterstützt und professionell begleitet. Die Unterlagen, die wir in letzter Zeit gemeinsam erarbeitet haben, sind wirklich exzellent. Dies hilft uns sicher auch, das «en plus» zu leisten.
Das Programm läuft nun seit 4 Jahren. Wie kann die Kontinuität im Unternehmen erhalten werden?
Sabine Meyer: Wir haben von Beginn weg alle Stakeholder regelmässig befragt und ins Mentoring Programm involviert. Bei den Kandidierenden machen wir nach jedem IPMA-Prozess eine quantitative Umfrage, bei den Mentoren eine qualitative Befragung. Nach jedem Prozess setze ich mich mit den Mentoren an einen Tisch, um zu schauen, was gut war und was ihnen noch fehlt. So haben wir das Mentoring Programm kontinuierlich weiterentwickelt. Nun sind wir in der Lage, die letzte Stufe zu erreichen – jene der Expert Mentoren. Im Moment bilden wir Expert Mentoren aus, was uns ermöglicht, ab dem Prozess 2017 das Mentoring Programm unabhängig von con.win aufrecht zu erhalten. Unsere Expert Mentoren bilden jetzt unsere Mentoren aus. Die Unterlagen, die vorhin angesprochen wurden, entstanden aus den Bedürfnissen der Mentoren heraus. So konnten wir die Qualität des Programms stetig weiterentwickeln.
Marc Reber: Gerade diese Unterlagen schaffen auch unter den Mentoren eine einheitliche Ausrichtung. Jeder Mentor zieht am gleichen Strick und in die gleiche Richtung, mit der gleichen Methodik und dem gleichen Hintergrund. Das ist ganz wichtig. Sonst besteht die Gefahr, dass – wegen der unterschiedlichen Tätigkeiten und der unterschiedlichen Erfahrungshintergründe – auch unterschiedliche Sichtweisen über das Projektmanagement entstehen. Die erwähnten Unterlagen und die gemeinsame Basis stellen sicher, dass dieses Auseinanderdriften nicht passiert. Die persönliche Erfahrung kann jeder im gemeinsamen Prozess immer noch einbringen.
Gibt es in bestimmten Abständen einen Austausch zwischen den Mentoren?
Sabine Meyer: Wer als Mentor ausgewählt wird, hat im ersten Jahr vor jedem Prozessschritt, den der IPMA-Prozess vorgibt, eine Schulung. Das ist der eine Teil der Ausbildung. Der andere Teil ist die 1:1-Betreuung der Kandidierenden und des Mentors durch einen Expert Mentor. So bekommt der Mentor ein direktes Feedback zu seiner persönlichen Gesprächsführung und zur inhaltlichen Bewältigung der Aufgabe. Nur wer das Handwerk wirklich auf allen Ebenen beherrscht wird zum Professionell Mentor erkoren. Das heisst, er kann danach unabhängig von einem Expert Mentor seine Tätigkeit als Mentor, ausüben und Kandidierende durch den IPMA-Zertifizierungsprozess begleiten.
Zudem findet jährlich einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch unter den Mentoren aller Stufen statt.
Welche Wirkung haben Sie im Unternehmen bereits erzielt? Kann man diese allenfalls auch messen?
Sabine Meyer: Bisher konnten – mit einer Ausnahme – alle Kandidierenden die IPMA-Zertifizierung erfolgreich abschliessen. Die Erfolgsquote hat sicher eine direkte Wirkung für das Unternehmen. Zudem sind wir insgesamt im Projektmanagement vorwärts gegangen, auch im gemeinsamen Verständnis, in der Vernetzung der Projektleitenden innerhalb des Unternehmens.
Marc Reber: Das kann ich nur bestätigen. Es ist zwar nur schwer messbar, inwiefern Projekte jetzt und in Zukunft erfolgreicher umgesetzt werden können oder nicht. Aber ich meine zu spüren, dass der Projektmanagement-Gedanke in der Division Infrastruktur aber auch im ganzen Unternehmen stärker Fuss gefasst hat. Dass wir einen stärkeren Fokus auf das Thema gelegt haben. Wir tragen diesem Gedanken mehr Rechnung und starten verschiedene Initiativen, um die ganze Abwicklung mit Hilfsmitteln zu unterstützen, die dem Projektmanagement-Gedanken zugrunde liegen. So können die einzelnen Vorhaben professionell umgesetzt werden. Damit kann ein Beitrag geleistet werden, dass wir mehr Wirkung erzielen können.
Ich merke es auch bei den Leuten: Wenn ich mit Projektleitenden spreche, die die IPMA-Zertifizierung durchlaufen haben, kommen im Rückblick positive Rückmeldungen – auch wenn der Weg dorthin steinig und vielleicht auch mühsam war. Die Erfahrungen aus dem Prozess geben auch immer wieder Anstösse für die tägliche Arbeit, das neue Projektmanagementwissen – beispielsweise eine neue Methode – auch anzuwenden. Das ist sicher ein wesentlicher Beitrag des Mentoring Programms. Nicht zu vergessen ist die positive Wirkung auf die verbesserte Vernetzung. Das Programm bringt die einzelnen Projektleitenden zusammen. Es ergibt einen Austausch, eine Entwicklung unter den Projektleitenden, die von innen angetrieben und nicht von aussen erzwungen ist.
Sabine Meyer: Das schönste Feedback für mich ist natürlich, wenn mir Projektleitende sagt, sie haben durch das Mentoring Programm so viel profitiert, dass sie ihre tägliche Arbeit als Projektleitende hinterfragen und Dinge angepasst haben, sodass sie nun ihre Projekte effektiver und effizienter führen.
Marc Reber: Letztendlich macht die Zertifizierung die einzelnen Mitarbeitenden marktfähiger. Das Ziel des Unternehmens ist es, unsere Mitarbeitenden weiterzubringen und zu entwickeln. Das gibt dem Unternehmen eine gute Position. Man weiss: dort werde ich gefördert. Und das hilft dem Unternehmen auch wieder bei der Suche nach guten Mitarbeitenden.
Wie geht es weiter mit dem Mentoring Programm?
Sabine Meyer: Wir haben letztes Jahr erstmals Expert Mentoren ausgebildet. Marc Reber ist einer dieser künftigen Expert Mentoren. Das heisst, dass das Mentoring Programm ab diesem Jahr bei den deutschsprachigen Projektleitenden unabhängig von externer Unterstützung ablaufen wird. Das ist auch so konzipiert worden, dass uns con.win beim Aufbau des Mentoring Programms unterstützt und in Zusammenarbeit so weit bringt, dass wir nun die letzte Stufe erreicht haben und nun unabhängig sind.
Die Mentoren aller Stufen treffen sich einmal im Jahr zu einem Austausch. Dort informieren wir über den Prozess, wie wir unterwegs sind und über Neuerungen von Seiten des VPMZ. Und an diesem Treffen nimmt auch Esther Picciati von con.win als offizielle IPMA-Assessorin Level B teil. Die Neuerungen seitens der Zertifizierungsstelle sind natürlich für unsere Mentoren wichtig.
Gisela Hinrichs: Für mich ist das Thema Re-Zertifizierung beispielsweise in fünf Jahren durchaus ein Thema. Je nach Verlauf würde ich auch noch das IPMA-Zertifikat Level A ins Auge fassen. Weiter ist für mich auch die Ausbildung zum Mentor denkbar.
Stösst das Mentoring auch bereits auf Interesse in andern Bereichen der SBB?
Sabine Meyer: SBB Infrastruktur hat den Löwenanteil an Projektleitenden, die diese Zertifizierung machen. Die anderen Bereiche haben unterschiedliche Begleitmassnahmen. Die Verantwortliche für die IPMA-Zertifizierung hat Interesse daran gezeigt, das Mentoring-Programm zu übernehmen. Die Frage ist bloss noch, wie die strategische Ausrichtung des Konzerns beim Thema Projektmanagement künftig aussehen wird.
Marc Reber: Mir macht’s grossen Spass jetzt hier den letzten Schritt zum Expert Mentor mitzumachen. Es ist für mich wieder eine ganz neue Erfahrung, die mich selber auch wieder weiterbringt. Ich freue mich darauf, nun diesen letzten Schritt für das Unternehmen zu machen. Ich fände es eine spannende Herausforderung, das Mentoring Programm auf den ganzen Konzern auszudehnen und den Austausch über die Divisionen zu fördern. Ich fände es auch spannend, einen Versuch über die Sprachgrenze hinweg zu wagen.
Was würden sie am Mentoring Programm interessierten Organisationen aus Ihrer Erfahrung empfehlen?
Gisela Hinrichs: Ich würde das Mentoring Programm andern Unternehmen empfehlen, weil ich denke, dass Projektleitende, die diese Zertifizierung anstreben, etwas entlastet werden. Das Programm ersetzt dem Projektmanager nicht die eigene Arbeit für die Zertifizierung. Aber es reduziert sie ein wenig. Insofern ist es sehr sinnvoll.
Marc Reber: Primär muss jedes Unternehmen selber überlegen, welchen Stellenwert das Projektmanagement überhaupt hat, welche Bedürfnisse vorhanden sind. Wenn das Bedürfnis besteht, empfehle ich einer anderen Organisation so vorzugehen, wie wir das gemacht haben. Wir haben das Programm nicht in einem einzigen Jahr durchgezogen. Wir sind schrittweise vorgegangen, von con.win gut begleitet und unterstützt. Damit wurde immer wieder eine Aussensicht eingebracht. Das braucht es; denn wenn die externe Sicht fehlt, gibt’s in der Weiterentwicklung blinde Flecken. Eine wichtige Voraussetzung ist jedoch, dass das Management hinter einem solchen Programm steht.
Sabine Meyer: Auch aus meiner Sicht lohnt es sich wirklich, ein solches Mentoring Programm zu starten. Denn jede involvierte Partei gewinnt mit dem Programm. Die Kandidierenden werden angehalten, ihre Arbeit zu reflektieren und die IPMA-Zertifizierung erfolgreich zu bestehen. Die Mentoren bleiben à jour und müssen sich immer wieder fragen, ob sie als Projektleitende richtig unterwegs sind. Dazu kommt als wichtiger Bestandteil die ganze Vernetzung im Unternehmen, die sich auch positiv auswirkt auf die Qualität des ganzen Projektmanagements. Ich empfehle jedoch zu Beginn eine externe, fachlich versierte Begleitung. Die ist sehr wichtig. Damit ist gewährleistet, dass das Ganze auch inhaltlich gut aufgegleist wird.
Ich empfehle auch eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Man muss die Projektleitenden immer wieder ins Boot holen, abholen und nach allfälligen Bedürfnissen abfragen.
Marc Reber: Ich kann hier vielleicht noch ergänzen. Ganz wichtig – und das war bei uns von Beginn weg der Fall – ist die Stabilität in der Leitung und in der Begleitung des Programms. Wir haben das Glück, dass Sabine Meyer das Programm seit Beginn leitet. Sie hat Stabilität reingebracht und alle Akteure immer wieder zusammengeführt. Das ist für den Erfolg enorm wichtig. Und wir hatten auch in der Begleitung mit Esther Picciati von con.win eine Stabilität. Es war über die Jahre gesehen ein kontinuierlicher Aufbau. Und das ist sicher positiv für das ganze Programm.
con.win, Mai 2017